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2023-01-04

9 Dinge, die du in einer Krise für dich tun kannst – Teil 3

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7. Selbstregulation üben

Deinen Gefühlen Raum zu geben, ist in einer Krise wichtig und heilsam. Wenn dich starke Gefühle quälen oder sogar überwältigen, dann ist es aber ebenso wichtig, diese regulieren zu können. Vielleicht hast du manchmal den Eindruck, dass du dich allein nicht oder nur sehr schlecht beruhigen kannst. Genau darum geht es: um die Fähigkeit, dich selbst, wenn du sehr aufgeregt bist, in einen ruhigeren, entspannteren Zustand zu versetzen.

Diese Fähigkeit zur Selbstregulation erlernen wir in unseren ersten Lebensmonaten und -jahren, und zwar, indem uns unsere Bezugspersonen co-regulieren. Das heißt, ein Baby lernt allmählich, sich selbst zu beruhigen, wenn es erfährt, dass es getröstet, gehalten und beruhigt wird, wenn es aufgeregt oder in Not ist. Leider haben wir nicht alle diese positive Erfahrung gemacht. Wenn du also merkst, dass es dir besonders schwerfällt, dich selbst zu beruhigen, dann liegt das daran, dass du als Baby keine ausreichende Co-Regulation durch die Erwachsenen erfahren hast. Dann können dir gezielte Übungen dabei helfen, deine Regulationsfähigkeit zu verbessern.

Zwei sehr einfache Körperübungen, um sich zu regulieren und wieder sicherer zu fühlen, stammen von dem Traumaforscher Peter Levine. Lege für die erste Übung deine rechte Hand unter deinen linken Arm, auf die Herzseite, und deine linke Hand auf deinen rechten Oberarm. Bleibe einige Zeit in dieser Selbstumarmung und spüre, wie es ist, dir selbst Halt zu geben. Atme entspannt weiter. Wenn ein tiefer Atemzug oder ein Gähnen in dir aufsteigt, löse die Umarmung wieder. Unwillkürliches tiefes Atmen, Gähnen oder ein Gluckern im Bauch sind gute Zeichen dafür, dass dein System anfängt, sich zu entspannen. Für die zweite Übung legst du eine Hand auf deine Stirn und eine auf dein Brustbein. Spüre, ob zwischen deinen Händen etwas in Fluss kommt, und atme dabei entspannt weiter. Löse die Übung wieder, wenn du einen tiefen Atemzug in dir aufsteigen fühlst, und lege dann die Hand von der Stirn auf deinen oberen Bauch. Spüre auch hier wieder einige Zeit nach, bevor du das Ganze auflöst. Diese kleinen Übungen kannst du überall und wann immer du Beruhigung brauchst, durchführen.

Falls du gerade nicht mit Aufregung, sondern mit depressiven Gefühlen, Schwere und Stumpfheit kämpfst, dann kann dir sanftes Schaukeln helfen: Wiege im Schneidersitz den Oberkörper sanft zu beiden Seiten, danach nach vorne und hinten und schließlich im Kreis. So lädst du dein System ein, wieder mehr (innere) Bewegung zuzulassen.

8. Geduld mit dir haben

Eine Krise ist ein Veränderungsprozess, in dem dein Geist, deine Seele und dein Körper versuchen, ein neues Gleichgewicht herzustellen. Das braucht Zeit. In einer Welt, die immer schneller wird, neigen wir dazu, immer weniger Geduld zu haben. Im Job, aber auch in anderen Lebensbereichen wird von uns verlangt, schnell zu sein – schnell zu denken, schnell zu lernen, schnell zu reagieren, uns schnell an neue Situationen anzupassen. Und viele Menschen fordern dabei von sich selbst sogar noch mehr als von anderen. 

Wenn es uns schlechtgeht und wir uns unsicher und durcheinander fühlen, dann kommt natürlich noch der Wunsch dazu, dass das bald vorbei sein soll. Wir möchten wieder Herr:in der Lage sein und uns gut und selbstsicher fühlen. Vielleicht versuchen wir dann, uns zusammenzureißen oder stürzen uns in Aktivismus, damit es weitergeht. Ein innerer Prozess lässt sich aber nicht mit Gewalt beschleunigen. Du kannst einiges für dich und deine Entwicklung tun, aber wie es so schön heißt: Das Gras wächst nicht schneller, wenn du daran ziehst. Und das letzte, was du jetzt brauchst, ist Druck.

Achte einmal darauf, ob es in dir unfreundliche Gedanken gibt, die mit dem Tempo deiner Entwicklung unzufrieden sind. Laufen in dir Selbstgespräche ab, die dich zu mehr Leistung und zu einer schnelleren Lösung antreiben wollen? Vielleicht kommen dir diese Anforderungen bekannt vor, und es sind Sätze, die du früher zu hören bekommen hast. Nimm diese Gedanken zur Kenntnis. Es hilft schon, die Aufmerksamkeit für solche inneren Selbstgespräche zu schärfen, die sonst unbemerkt wie eine ständige Hintergrundmusik ablaufen. Und dann sag dir selbst ganz bewusst: Aha, ein Teil von mir ist ungeduldig. Aber ich darf mir jetzt die Zeit nehmen, die ich brauche. Es ist wichtig und okay, sich Zeit zu nehmen, um zu heilen. Gib dir selbst die Erlaubnis, so zu sein, wie du gerade bist und da zu stehen, wo du gerade stehst. Mit dieser Haltung entlastest und stärkst du dich. Und es sind genau diese liebevollen Veränderungen in deinem Inneren, die dich weiterbringen werden.

pexels-melissa-698899.jpg9. Dir Unterstützung holen

In diesem Artikel geht es um Dinge, die du für dich selbst tun kannst, wenn du dich in einer emotionalen Krise befindest. Dazu gehört auch, dir zuzugestehen, dass du es nicht alleine schaffen musst. Nimm Hilfe und Unterstützung in Anspruch. Fällt dir das schwer? Dann denk daran, dass professionelle Helfer:innen dafür da und es gewohnt sind, Menschen in Krisen zu unterstützen. Und wenn es für dich schwierig ist, Hilfsangebote von Freund:innen und Bekannten anzunehmen, dann sieh es einmal so: Wenn du Hilfe ablehnst, dann nimmst du deinem Gegenüber die Chance und die Freude, dir helfen zu dürfen. Denn die meisten Menschen helfen gerne, vor allem, wenn sie es explizit anbieten.

Um sich Hilfe holen zu können, ist es erst einmal notwendig sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht. Vielleicht gehörst du zu den Menschen, die tendenziell zu lange denken, dass es schon noch geht und dass sie sich alleine durchbeißen können. Anderen geht es immerhin viel schlechter. Das kenne ich sehr gut. Ich erinnere mich an einen Moment, der entscheidend dafür war, dass ich diese Haltung nach und nach verändern konnte: Ich hatte mich ganz pflichtbewusst mit einer Erkältung zur Arbeit geschleppt, weil ich wie üblich dachte, dass das mit einer Tüte Hustenbonbons und zwei Aspirin schon noch geht. Eine Kollegin meinte, dass ich ganz schön schlecht aussehen würde, und ob ich nicht lieber nach Hause gehen wolle. Ich antwortete ihr, dass ich das schaffen würde, worauf sie erwiderte: „Ja, aber meinst du nicht, dass dein Körper sich über Ruhe und Erholung freuen würde?“ In dem Moment wurde mir klar, wie absurd dieser Durchhaltemodus eigentlich ist, und dass niemand außer mir selbst von mir erwartet, dass ich funktioniere, wenn es mir schlechtgeht. 

Du musst nicht erst auf dem Zahnfleisch gehen oder zusammenbrechen, bevor du um Unterstützung bitten und dir eine Pause nehmen darfst! Also nutze dein soziales Netz, gehe zu Hausarzt/Hausärztin, zu einer Beratung oder zu einer Selbsthilfegruppe. Achte dabei darauf, welche Kontakte dir guttun und Kraftquellen für deinen inneren Prozess sind. Scheue dich auch nicht, das Angebot der Telefonseelsorge zu nutzen, wenn du einmal sofort Hilfe und Entlastung brauchst: 0800 111 0 111 (rund um die Uhr, anonym und kostenlos).

von Christina Münk

Admin - 16:23:47 | Kommentar hinzufügen